„Schultheater“

Dr. phil. Bernd Franzinger, Autor der bekannten ‚Tannenberg-Krimis‘, hat 2 neue Bücher veröffentlicht. Nach der radikalen Einheitsschulkritik in ‚NO auf Bildungsreise‘ nimmt sich Bernd Franzinger nun weitere ‚Highlights‘ der modernen Pädagogik humorvoll zur Brust: Baby-Tuning, Zeitfenstermanie, Frühförderwahn, Kleinkind-Outsourcing etc.
Franzinger arbeitet seit über 30 Jahren an einer Integrierten Gesamtschule und hat Pädagogik, Soziologie, Philosophie sowie Psychologie studiert und in Erziehungswissenschaft promoviert.

Fritz I‘-Covertext

Es war einmal ein kleiner Junge.
Er hieß Friedrich Karl Eckstein.
Fritz war anders als andere Kinder.
Ein eckiger Stein eben.
Und da ein eckiger Stein nicht schwimmen kann,
schwamm auch er nicht.
Vor allem nicht auf den Wellen des Zeitgeistes.

Rezension von Katharina Kovalkov, in: DIE RHEINPFALZ vom 26.7.2014

„Nachdem der Autor bereits mit ‚NO auf Bildungsreise‘ eine satirische Kritik am Einheitsschulsystem präsentierte, feuert er nun erneut gegen die moderne Pädagogik …
Friedrich Karl Eckstein, kurz Fritz, ist alles andere als ein gewöhnlicher Junge. Das deutet bereits sein Name zielsicher an. Einerseits klingen zwei veraltete Namen wie Friedrich und Karl für das moderne Ohr geradezu hochgestochen, konservativ, beinahe spießbürgerlich. Andererseits charakterisiert der Familienname Eckstein seinen Besitzer als unkonventionell, aufsässig, mit Ecken und Kanten. Ein gewollter Kontrast, der sich zu gleichen Teilen in Fritz‘ Persönlichkeit widerspiegelt.
Er ist ein zeitweise kauziger Typ, der schon im Säuglingsalter gestelzt daherredet und die Erwachsenen in seinem Umfeld, die ihm eigentlich geistig überlegen sein sollten, ständig belehrt. Mit eben dieser Art eckt er an und wirkt wie die Ausnahme jeder Regel. Der Titel ‚Ein Knirps wehrt sich‘ ist daher durchaus ernst zu nehmen. Der kleine Fritz sieht sich in eine Welt hineingeboren, in der alles und jeder durch pädagogische Maßnahmen geregelt wird. Er erkennt sich und seine Altersgenossen als Versuchskaninchen der Eltern, die einen Marathon um die bestmögliche Bildung und perfekte Erziehung ihrer Sprösslinge laufen – ohne Rücksicht auf deren Bedürfnisse. Der frühreife und spitzbübische Protagonist trotzt diesen Gegebenheiten.
Schon bei seiner Geburt lehnt er sich gegen das System auf: Er schreit nicht – und zwar aus Prinzip. Stattdessen entwickelt er eine enorme frühkindliche Sprachkompetenz. Mit gerade mal einem Jahr frotzelt er widerspenstig gegen die Beleidigungen seiner Erzeuger und analysiert messerscharf die geistige Entwicklung seiner Altersgenossen. Kein Wunder also, dass Franzinger den Knirps nicht direkt nach dem ersten Buch beerdigen wollte. Der studierte Pädagoge und Psychologe hat schließlich noch einiges zu sagen …
Entsprechend eröffnet der Autor seine Lesung mit dem Spruch, der seine persönliche Meinung über die moderne Pädagogik klar formuliert: ‚Die einen tun so, als entwickelten sie pädagogische Innovationen, die anderen tun so, als ob diese sinnvoll und wirksam seien‘. Mit dieser Aussage bezieht er sich auf das gesamte Spektrum der öffentlichen Bildungsangebote von der Kita bis zur Universität. Kritisch werden im Buch Frühfördermaßnahmen diskutiert, wird über Baby- und Kinder-Shiatsu gespottet und über die permanente Konsultation von ‚Experten der prä- und postnatalen Elternprogrammierung‘ gemutmaßt, die den Eltern die Erziehung praktisch aus der Hand nehmen sollen. Franzinger will mit seinem Titelhelden den betroffenen Kindern eine Stimme geben, ganz nach dem Prinzip Rousseaus, das behauptet: ‚Die Natur will, dass die Kinder Kinder seien, bevor sie Erwachsene werden‘.
Fazit: Eine intelligent illustrierte Kritik und ein Lesevergnügen für jeden, der spitzzüngigen Humor, bilderreiche Erzählweise und einen taktisch geschickten Fingerzeig auf das Bildungssystem zu schätzen weiß.“

‚Schultheater‘-Covertext

Schatten der Vergangenheit
Eine Lehrerin der Friedensschule fällt einem heimtückischen Mordanschlags zum Opfer. Kurz darauf wird eine ermordete Professorin aufgefunden. Bei den Recherchen stößt Kommissar Tannenberg auf Verbindungen zu einem Banküberfall, den die RAF in den 1970er Jahren in Kaiserslautern verübt hat und bei dem ein Polizeibeamter erschossen wurde. Tannenberg quartiert sich in der Friedensschule ein, wo sein Bruder und dessen frau arbeiten. Plötzlich geraten beide ins Fadenkreuz der Ermittlungen.

Rezensionen Schultheater

„Der neueste Band von Bernd Franzinger ist ein Lesevergnügen der zweifachen Art. Das Kriminalistenteam um den knorrigen Hauptkommissar Tannenberg aus Kaiserslautern entlarvt nicht nur kriminelle Machenschaften, sondern zugleich auch die hohlen Phrasen, das leere Wortgeklingel und die emotionalisierten Heilsversprechen pädagogischer Reformeiferer. Dabei wirft der Autor, der im Hauptberuf als promovierter Erziehungswissenschaftler ein intimer Kenner der Szene ist, in vielen Szenen in humoriger Weise ein erhellendes Schlaglicht auf scheinheilige Strukturen deutscher Bildungslandschaften.
Aber wie gewohnt bleibt für den Liebhaber von Kriminalromanen mit Lokalkolorit die Spannung nicht auf der Strecke und so deckt Hauptkommissar Tannenberg in diesem Roman nebenbei überraschende Zusammenhänge und Verbindungen der Pädagogen und Bildungspolitikern in seiner fiktiven Schullandschaft zur jüngsten deutschen Vergangenheit auf.
Das neueste Buch von Bernd Franzinger fordert von seinen Leserinnen und Lesern aus dem „progressiven“ Bildungsmilieu Toleranz und augenzwinkernde Selbstkritik. Wer sich darauf einlässt, erhält Stunden humorvollen und spannenden Lesevergnügens. Sehr empfehlenswert!“
Dr. Walter Korinek

„In ‚Schultheater‘ verbindet Bernd Franzinger auf geschickte Weise eine Sozialdiagnose der 68er-Generation, die sich in ihren gesellschaftsideologischen Phantasien bis heute praktisch nur noch im Schulmilieu und in den Abteilungen mancher Ministerien (vorzugsweise Schul- und Bildungsbehörden) halten konnte, mit der Aufklärung eines Polizistenmordes aus der RAF-Szene und zwei aktuellen Kriminalfällen in Kaiserslautern. Franzinger wäre dabei nicht Franzinger, wenn es ihm nicht gelingen würde, die gescheiterte Utopie der Gesamtschule aus pädagogischer und bildungspolitischer Sicht ebenfalls mit in die Handlung einzuflechten.

Wer einen reinen Thriller erwartet, wird bei so viel tiefer und feinsinniger Gesellschafts- und Bildungskritik möglicherweise enttäuscht. Wer sich allerdings auch für gesellschaftliche und schulpolitische Themen interessiert, wird sein reines Lesevergnügen erleben. ‚Schultheater‘ wird damit de facto zur Pflicht-Lektüre für Lehrkräfte, Eltern, Schulleitungen, Bildungspolitiker … – kurz: für alle, die mit dem Thema Schule und Bildung etwas anfangen können und gleichzeitig gerne ab und an einen Krimi lesen!“

Dr. Walter Scheuerl