Grundsätze der Bundesinitiative Differenziertes Schulwesen – 3xMEHR

Bildung bedeutet Freiheit

Schüler, Eltern, Lehrkräfte und Schulleiter aus allen Schulformen in Deutschland haben sich in einer bisher einmaligen Allianz verbündet, um für höchste Qualität im Bildungswesen einzutreten – für mehr Vielfalt, mehr Bildung und mehr Chancen.

Unter umfassender Bildung verstehen wir die gesamte Persönlichkeitsbildung eines Menschen, die ihn in die Lage versetzt, ein selbstbestimmtes und verantwortungsbewusstes Leben zu führen. Dazu gehören das Beherrschen der Kulturtechniken Lesen, Schreiben und Rechnen, ein solides Wissen über die Welt und ihre Zusammenhänge, über die eigene kulturelle Herkunft, über gesell-schaftliche wie historische Entwicklungen sowie über deutsche und fremde Literatur, Musik und Kunst. Weitere wesentliche Elemente der Bildung eines Menschen sind insbesondere die Orientie-rung an unserem gesellschaftlich anerkannten Wertesystem, die Bereitschaft zu lebenslangem Lernen sowie der verantwortungsbewusste Umgang mit den Medien. Nach dem Elternhaus kommt dabei der Schule eine entscheidende Aufgabe zu. Elternhaus und Schule müssen in einer Erziehungspartnerschaft eng zusammenarbeiten, um für eine ausgewogene, an den Bedürfnissen und Potenzialen des Kindes ausgerichtete individuelle Förderung zu sorgen.

Anforderungen an das Bildungssystem

1. Differenziertes Schulwesen

Wir sind überzeugt, dass ein differenziertes Schulwesen die beste Gewähr dafür bietet, dass jedes Kind die ihm angemessene Förderung erhält. Wir setzen uns daher für ein vielfältiges Angebot abschlussbezogener Schulformen (Schularten), mindestens aber eigenständiger abschlussbezo-gener mehrjähriger Bildungsgänge ein. Das differenzierte Schulwesen hat sich als leistungsfähiger und wettbewerbsfähiger erwiesen als Einheitsschulsysteme. Eine leistungsbezogene Fachdiffe-renzierung ist am besten in hierfür eigenständigen Schulformen möglich. Jedes Kind muss aus verschiedenen Bildungsangeboten dasjenige auswählen können, das seine optimale Förderung gewährleistet. Nur so kann auch die Abhängigkeit der Bildung von den Elternhäusern gemindert werden. Als Zeitpunkt des Übergangs in die Sekundarstufe I hat sich das Ende der vierten Grund-schulklasse bewährt.

2. Abschlüsse

Allgemeinbildende Schulen führen laut KMK zu drei Abschlüssen:

– Die Ausbildungsreife als gezielter Zugang zu einer betrieblichen Ausbildung im Dualen System beruht auf der vorwiegend konkret-praktischen Aneignung von Kenntnissen und Fachwissen, besonders für junge Menschen, die gern zupacken und etwas Sichtbares schaffen.
– Der Mittlere Bildungsabschluss bietet die Basis für eine duale Berufsausbildung oder eine weiterführende schulische Ausbildung, in der in besonderem Maße Theorie und Praxis verknüpft werden.
– Die Allgemeine Hochschulreife soll zu jedem wissenschaftlichen Studium befähigen und ist der geeignete Weg für Jugendliche, die abstrakte Inhalte nachvollziehen und durch eigenes Überlegen weiterentwickeln können. Jeder dieser Abschlüsse eröffnet vielfältige weiterführende Bildungswege. Die vielen möglichen Wege zeigen, dass das differenzierte Bildungssystem für die verschiedenen beruflichen Karrieren alle Chancen bietet.

3. Durchlässigkeit

Die Durchlässigkeit des differenzierten Schulwesens ermöglicht bei Bedarf einen Wechsel der Schulformen bzw. des Bildungsgangs. Zudem gewährleistet das differenzierte Schulwesen vielfäl-tige Anschlussmöglichkeiten.

4. Schulformbezogene Lehrerbildung

Ein leistungsbezogenes differenziertes Schulwesen erfordert eine entsprechend ausgeprägte fachdifferenzierte, schulformbezogene, universitäre Lehrerausbildung. Eine gestufte Lehrerausbil-dung lehnen wir ab. Sie führt zu einer fachlichen Schmalspurausbildung und damit zum Verlust der Unterrichtsqualität und widerspricht einer begabungsgerechten Förderung der Kinder.

5. Lehrpläne mit verbindlichen Inhalten

Gerechte Bildungschancen für jedes Kind können nur durch verbindliche, schulformspezifische Lehrpläne gewährleistet werden. Dazu gehören konkretes Wissen (Kenntnisse und Fertigkeiten), tradierte Bildungsinhalte sowie Werthaltungen. Eine Beschränkung der Lehrpläne auf abstrakte Kompetenzen führt zu einer Beliebigkeit der Unterrichtsinhalte. Eine Vergleichbarkeit und gesicherte Qualität der Abschlüsse wird dadurch unmöglich.

6. Leistungsbewertung

Das Erreichen der Lehrplanziele wird mit Noten bewertet. Dadurch erhalten Schüler und Eltern konkrete Rückmeldungen. Wenn trotz angemessener Förderung die Leistungen nicht genügen, muss ein Schüler die Chance haben, eine Jahrgangsstufe zu wiederholen.

7. Digitale Bildung

Zukunftsweisende, umfassende digitale Bildung (Medienerziehung) ist ein unverzichtbarer Teil der Allgemeinbildung. Sie muss von einem realistischen Blick auf das Sinnvolle und Machbare ausgehen, die Chancen der Digitalisierung nutzen und die Schüler auf den vernünftigen Umgang mit digitalen Medien vorbereiten. Digitales Lernen kann traditionelle Lernformen nicht ersetzen, sondern immer nur ergänzen; es ist damit eine additive Unterstützung im Lernprozess. Durch Kombination verschiedener medialer Vermittlungsformen („hybride Lernarrangements“) kann Lernen optimiert werden. Digitale Bildung (Medienerziehung) tritt ergänzend zu den Kulturtechniken Lesen, Schreiben, Rechnen hinzu. Allerdings müssen die grundlegenden Kulturtechniken stärker als bisher im Unterricht durch Üben und Wiederholen gefestigt werden.

Digitale Bildung ist „die“ zentrale gesellschaftliche Aufgabe, welche von drei Grundvoraussetzungen bestimmt wird:

– Digitale Bildung muss mit einem entsprechenden Stellenwert im schulischen Bildungs- und Erziehungsauftrag (Lehrpläne, Schulentwicklungskonzepte, Medienkonzepte, etc.) verankert sein.
– Die Lehrkräfte selbst müssen mediendidaktisch aus- und fortgebildet sein.
– Alle Schulen müssen über die erforderliche technische Infrastruktur verfügen. Die Wartung der Infrastruktur muss geregelt sein.

Der digitale Wandel darf nicht nur als ein Risiko für die Gesellschaft gesehen werden, sondern vielmehr als ein Teil der Lösung für mehr Chancengerechtigkeit und mehr Bildung.

8. Berufliche Bildung

Der hohe Standard unserer dualen beruflichen Ausbildung ist international anerkannt und die tragende Säule unserer erfolgreichen Wirtschaft. Berufliche Bildung und akademische Bildung müssen als gleichwertig anerkannt werden. Eine Fixierung auf immer höhere Akademikerquoten ohne die Qualität zu sichern, ignoriert das Kindeswohl und gefährdet unsere Volkswirtschaft.

9. Inklusion

Für viele Kinder mit Behinderung bieten nur Förderschulen mit spezifisch ausgebildeten Lehrkräften eine fürsorgliche, individuelle Ausbildung, die deren besondere Begabungen bestmöglich fördert. Die überstürzt eingeführte, völlig unerprobte und zudem mangelhaft finanzierte Inklusion von Kindern mit Behinderung in die allgemeinbildenden Schulen muss auf ein vernünftiges Maß zurückgeführt werden. Sie muss sich ausschließlich am Wohl des Kindes orientieren, d. h. an der genauen Überprüfung des Einzelfalles und der Behinderung. Förderschulen und die hochwertige sonderpädagogische Lehrerausbildung müssen erhalten bleiben. Bloße provisorische sonderpädagogische Zusatzausbildungen für alle Lehrkräfte als Alternative überfordern Lehrkräfte und werden den Kindern nicht gerecht.

Fazit

Die schulpolitische Entwicklung in Deutschland ist geprägt von ideologisch fehlgesteuerten Weichenstellungen. Schulen sind kein gesellschaftspolitisches Experimentierfeld. Die Freiheit des Einzelnen spiegelt sich in der Vielfalt der möglichen Lebensentwürfe wider. Alle Bestrebungen, die Vielfalt schulischer Angebote einzuschränken oder gar ein Einheitsschulsystem einzuführen, lehnt die Bundesinitiative 3xMEHR entschieden ab. Die Bundesinitiative Differenziertes Schulwesen 3xMEHR ruft dazu auf, sich für die Qualitätsverbesserung an unseren Schulen einzusetzen und die Zukunftstauglichkeit pädagogischer Konzepte kritisch zu hinterfragen, zumal viele Vorschläge für eine individuelle Förderung unserer Kinder in den letzten Jahren von Sozialromantik bestimmt waren und sich in der Realität nicht bewährt haben. Die Initiative hingegen tritt für ein zukunftsfähiges, gerechtes und leistungsorientiertes Bildungsverständnis ein, welches nur mit einem differenzierten Schulsystem mit einer Vielfalt an schulischen Angeboten, am besten mit eigenständigen Schulformen, umzusetzen ist.

Denn MEHR VIELFALT sichert MEHR BILDUNG und damit MEHR CHANCEN!

Bundesinitiative Differenziertes Schulwesen e. V.
3xMEHR Vielfalt, Bildung, Chancen